Im Spitzenkampf der offenen Gruppe holte Aserbaidschan Frankreich auf den Boden der Tatsachen zurück. Solide drei Remis und ein Schwarzsieg Shakriyar Mamedyarovs am Spitzenbrett gegen Maxime Vachier-Lagrave reichten der Nr. 8 in der Setzliste zum 2,5:1,5. Bei den Frauen setzte Iran ihren Sturmlauf mit einem 3,5:0,5 gegen die Slowakei fort. Deutschlands Männer spielten 2:2 gegen Usbekistan, während die Frauen nach hartem Kampf mit 1,5:2,5 gegen Russland unterlagen.
Shakriyar Mamedyarov war der Mann des Tages für Aserbaidschan. Gegen den inzwischen in die absolute Weltspitze vorgedrungenen Maxime Vachier-Lagrave zeigte er sich von Beginn an in einer Königsindischen Partie sehr inspiriert und überspielte den Franzosen nach allen Regeln der dynamischen Kunst.
45. a7 ♕e3+ 46. ♔f1 ♕c1+ 47. ♔e2 c2 48. a8Q ♕d1+ 49. ♔f2 ♕d4+ 50. ♔g2 c1Q und Schwarz wird bald matt setzen.
45... ♕g4+ 46. ♔f1 ♕f3+ 47. ♔g1 ♕e3+ 48. ♔f1 ♔h7 und Weiß gab auf wegen
49. a7 c2 50. a8Q c1Q+ 51. ♕xc1 ♕xc1+ mit total gewonnenem Damenendspiel, da Schwarz auch den Bauern b4 bald schlägt.
0-1
Russland gegen China war ein weiteres vielversprechendes Match, das mit vier Remis aber friedlich endete. Am Spannendsten verlief noch der Kampf am Spitzenbrett zwischen Vladimir Kramnik und Yue Wang. Der Ex-Weltmeister übte über die gesamte Partie Druck aus, konnte aber die Verteidigung des zähen Chinesen nicht brechen. Alexander Grischuk oblag es letztendlich mit einer ebenso zähen Verteidigung gegen den aufstrebenden Star Liren Ding für die Nr. 1 der Setzliste wenigstens noch das Unentschieden zu sichern.
Harte Auseinandersetzungen
Die erste Turnierhälfte beinhaltet
inzwischen viele gleichwertige Mannschaften, so dass es ebenso viele
ausgeglichene Kämpfe zu bestaunen gibt. Eine Ausnahme bildete das
überraschende 3,5:0,5 der Türkei gegen die etwas höher eingeschätzten
Italiener mit Weltstar Fabiano Caruana – der als einziger Spieler den
gegnerischen Sturmlauf überlebte. England spielt nach dem 3:1 gegen
Lettland weiter oben mit, der starke Auftritt von Matthew Sadler macht
aber schon die Runde. Der chess24-Autor gewann bislang alle vier
Partien!
Serbien gelang gegen Tschechien ein fast perfektes
Match, Bulgarien gewann gegen Rumänien dank eines bestens aufgelegten
Veselin Topalov und eines brutalen Angriffsieges von Valentin Iotov.
Eine weitere Mannschaft, die gut im Rennen liegt, ist Kuba. Dank eines
Sieges ihres Landesmeisters Ortiz Suarez gewannen die Inselbewohner mit
2,5:1,5 gegen Indien. Niederlande-Israel sah auf dem Papier nach einem
engen Match aus und genauso verlief es auch. Die Siege wechselten sich
an den Spitzenbrettern ab, während die unteren Bretter remis endeten.
Kommen
wir zu Deutschland-Usbekistan. Das 2:2 stellt eine kleine Enttäuschung
dar, da Naiditsch und Co. favorisiert ins Match gingen. Am Spitzenbrett
kam die deutsche Nr. 1 in einer Königsindischen Partie gegen Rustam Kasimdzhanov nie richtig ins Spiel und musste am Ende einen gegnerischen
Freibauern auf der b-Linie den Vortritt lassen. An Brett zwei
bestätigte Georg Meier, dass er sich in fantastischer Form befindet.
Gegen Anton Filippov, mit Elo 2615 kein Schlechter, erarbeitete sich der
Trierer von Beginn an in seiner typisch natürlich-positionellen Art und
Weise einen Stellungsvorteil, den er technisch sauber im Endspiel
verwertete, stark!
An Brett drei dann die größte Enttäuschung.
Daniel Fridman espielte sich mit Schwarz in einer Französischen Partie,
das hat der in Bochum lebende Großmeister wohl neu ins Repertoire
aufgenommen, einen schönen Vorteil, verlor er aber mit zunehmender Dauer
den Faden und am Damenflügel die Ideen, während er seinem Gegner Marat
Dzhumaev am Königsflügel einen verheerenden Angriff erlaubte. Am Ende
war alles weg bei Schwarz. Wenigstens hielt David Baramidze das 2:2
fest. Gegen einen fast 300 Punkte schlechteren Spieler war das aber auch
schon Pflicht.
Armenien machte die Niederlage gegen Frankreich
fast vergessen und meldete sich mit einem furiosen 4:0 gegen Costa Rica
im Turnier zurück – endlich kam Levon Aronian zu seinem ersten Sieg.
Nach der enttäuschenden Niederlage gegen Holland kam auch die USA wieder
halbwegs durch ein 3:1 gegen Südafrika wieder ins Spiek, auch wenn Gata Kamsky fast sensationell gegen IM Henry Robert Steel (Elo:2399) verlor.
Gleiches gilt für Ungarn, die sich nach der Niederlage gegen China mit
3,5:0,5 an Portugal schadlos hielten.
Freude bei den Gastgebern
Magnus Carlsen nährt die norwegischen Hoffnunngen. Die Art und Weise, wie er
heute einen Weltklassespieler wie Radoslaw Wojtaszek vom Brett wischte,
war mehr als beeindruckend. Und seine Kollegen machten es ihm fast nach.
Sowohl Simen Agdestein, als auch Jon Ludwig Hammer und Kjetil Lie
kreierten gegen ihre Gegner Siegchancen, ließen ihre Partien aber zum
Remis verflachen. Trotzdem, ein Freudentag für die Gastgeber nach diesem
Sieg gegen ihren bisher stärksten Gegner.
25. ♖f3 Weiß übt am Königsflügel enormen Druck aus und Schwarz müsste sich schon sehr präzise verteidigen.
25... ♕e8⁈ 26. g4⁉ hxg4 27. hxg4 ♗b5
27... ♗xg4 28. ♖g3 ♕d7 29. ♗h3 ♗xh3 30. ♘h5+ und Weiß gewinnt.
29... ♗d7 wäre zäher gewesen.
31... fxe6 32. ♘xe6+ ♔h7 33. ♖f7+ ♖xf7 34. ♕xf7+ ♔h8 35. ♕g7#
32. ♘d5 ♘xd5 33. ♗xd5 und Schwarz gab auf wegen
33... ♕c7 34. ♖h3 ♖g8 35. ♖h7+! ♔f8 36. ♕h4 ♔e7 37. ♖f1 ♖f8 38. ♗xf7 ♖xf7 39. ♖fxf7+ ♗xf7 40. ♖xf7+ ♔xf7 41. ♕h7+ ♔e8 42. ♕xc7+−
1-0
Die heutigen Resultate
führen zu einigen interessanten Paarungen in der 5. Runde: Serbiens
starker Start bedeutet, dass sie am Spitzentisch und vor laufenden
norwegischen Kameras gegen Aserbaidschan ran dürfen, Russland trifft auf
Bulgarien, was ein weiteres Kapitel in das legendäre Buch Kramnik vs.
Topalov hinzufügen könnte und sehr wahrscheinlich ist ein
Aufeinandertreffen der zwei besten Spieler der Welt, Carlsen und
Aronian, im Kampf zwischen Norwegen 1 gegen Armenien.
Wow, die 5. Runde beinhaltet viele Höhepunkte.
Iran!
Irans
Frauen liefern bislang ein fast perfektes Turnier ab. Gegen Slowakei
waren sie haushoch überlegen und verloren nur einen halben Brettpunkt –
der einzige Fleck auf der sonst blütenweißen Weste. Damit dürfen sie
weiter an Tisch 1 und vor laufenden Kameras mitten im Herzstück der
Bühne spielen. Nur Eva Repkova konnte am Spitzenbrett die Stellung
halten, während an den anderen Brettern die Asiatinnen die Nase vorn
hatten. Auf dem Papier ging China als klarer Favorit gegen Aserbaidschan
in den Kampf und wurde seiner Favoritenrolle gerecht. Zwar gab Wenjun
Ju früh ein Remis an Brett zwei ab, doch der Rest siegte teilweise
völlig unbeeindruckt und sicher.
Eine große Überraschung im
Turnier sind bislang die wahrscheinlich völlig unterbewerteten
Indonesierinnen (Nr. 23 der Setzliste). Sie hinterlassen am Brett eine
sichtbare Geschlossenheit und diese führte gegen die favorisierten
Armenierinnen (Nr. 10 der Setzliste) zu einem fast unglaublichen
3,5:0,5!
Russland besiegt Deutschland
Die deutschen Frauen
boten der Supermacht Russland Paroli, mussten sich aber am Ende mit
1,5:2,5 geschlagen geben. Melanie Ohme gelang ein toller Sieg gegen die
deutlich höher eingeschätzte Olga Girya. In einer aktuellen
Taimanov-Variante war sie gut vorbereitet und verwertete ein besseres
Endspiel zum vollen Punkt. Leider verloren an den Spitzenbrettern
Elisabeth Pähtz – kam gegen das Caro-Kann von Valentina Gunina nicht gut
zurecht – und Tatjana Melamed, die in Zeitnot ihre gut angelegte
Sizilianisch-Stellung gegen Alexandra Kosteniuk entscheidend
verschlechterte, so dass Sarah Hoolts starkes Remis gegen Natalija
Pogonina nur kosmetischen Wert hatte.
Serbien ist bei den Frauen,
wie bei den Männern, gut im Rennen nach dem überraschenden 2,5:1,5
gegen Indien (Nr. 5 der Setzliste). Ukraine, angeführt von den
Muzychuk-Schwestern, siegte solide 3:1 gegen die Türkei und trifft in
der 5. Runde auf Spanien. Die Nr. 13 der Setzliste, Ungarn, setzte sich
ebenfalls solide mit 3:1 gegen Kuba durch. Ein Resultat, das sie an
Tisch eins gegen die heißen Iranerinnen katapultiert. Die weiteren
Hauptkämpfe der 5. Runde lauten Indonesien-China und Russland-Georgien.
Die deutschen Frauen, obwohl verloren, müssen gegen die etwas höher
eingeschätzten Französinnen ran. Das Paarungssystem bei der
Schacholympiade bedarf eines eigenen Artikels...zu spät, um das jetzt
noch zu erklären :-)
Siehe auch:
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