In nur 2 Tagen, am 11. März, beginnt das Kandidatenturnier 2016. Junge Stars wie Fabiano Caruana, Hikaru Nakamura und Anish Giri erhalten ihre erste Chance, ins Weltmeisterschaftsmatch zu kommen, obwohl Anand, Topalov, Svidler, Aronian und Karjakin wild entschlossen sein werden, sie aufzuhalten. chess24-Redakteur Colin McGourty ist bereits in Moskau und schaute sich an einem düsteren Sonntagmorgen den Austragungsort und das Hotel der Spieler an.
Wenn man nach Moskau reist, tut man das vielleicht besser nicht nach einem zweiwöchigen Urlaub im drückend heißen Brasilien, dann einer Woche im chess24-Büro in dem "kühlen" (17 Grad warmen) Gibraltar und schließlich einem Aeroflot-Nachtflug von Malaga nach Moskau. Immerhin beinhaltete das Aeroflot-Magazin etwas Schach!
Bei der Ankunft verkündete der Pilot, "die Ortszeit ist 07:30 und das Wetter ist gut… +1 Grad. Willkommen in Moskau!"Für eine Stadt mit 12 Millionen Leute scheint es recht einfach zu sein, von A nach B zu kommen. Eine 30-minütige Fahrt mit der Bahn bringt einen direkt zum Byelorussky Bahnhof, der nur ein paar U-Bahn-Stationen vom Austragungsort entfernt ist. Oder man läuft eine halbe Stunde die Twerskaja-Straße herunter, gut bekannt als teuerste Shoppingstraße in Moskau und ganz Russland.
Man erwartet vielleicht keine 8-spurige Straße mitten im Herzen der Stadt, aber Moskau ist voller Überraschungen und reich an Kombinationen aus Alt und Neu, an die man sich schnell gewöhnt:
Wenn man sich dem Austragungsort nähert, hat man das Gefühl, einige der Spieler werden sich hier wohlfühlen. Dieses Restaurant heißt einfach "Armenia":
Und dann, mit Blick auf den Austragungsort, gibt es bereits Unterstützung für Caruana! (schaut euch den Shop auf der linken Seite an)
Der Austragungsort selbst ist nicht ganz Times Square oder gar Piccadilly Circus, aber das Central Telegraph-Gebäude kann man definitiv nicht verpassen. Es hat eine große Video-Leinwand und einen rotierenden Globus, der in das Gebäude eingebaut ist, und wurde 1929 vervollständigt (schaut euch ein Foto von 1928 von der Anbringung des Globus an).
Es ist ein Mehrzweckgebäude mit Läden, Restaurants und dem Haupt-Postamt der Stadt. Die Spieler könnten sich auch dafür entscheiden, ihren Kummer in der Mumiy Troll Music Bar im Keller zu ertränken.
Wir suchen jedoch nach Schach und finden schnell Anzeichen für das kommende Turnier: etwas über dem Ergeschoss befinden sich fünf Poster in den Fenstern.
Agon, der neueste Partner der FIDE, der die Rechte für die Weltmeisterschaftsevents besitzt, erklärte zu dem "psychedelischen" Logo:
Das neue Logo für das Turnier ist das Werk von Maxim Spivakov, einem Künstler mit Sitz in Moskau, und wurde von dem russischen Studio Textandpictures als starkes visuelles Bild für das Turnier entworfen. Das Logo zeigt die sich weiterentwickelnde Verbindung zwischen der Vorstellung von Schach und der menschlichen Natur und umgekehrt.
Von der anderen Straßenseite aus sehen sie etwas beeindruckender aus.
Es gibt jedoch keinen klaren Eingang, insbesondere an einem grauen Sonntagmorgen… vielleicht versuchte dieser Mann auch hereinzugelangen?
Dafür wurden auf der World Chess Webseite Bauzeichnungen von dem geplanten Austragungsort veröffentlicht. Der Fokus bei den Bereichen für Spieler, Zuschauer, VIPs und Medien - in einem renovierten Bereich, der von Hi-Tech-Unternehmen genutzt wird - liegt wieder einmal deutlich auf Design:
Schauen wir uns aber weiter Moskau an! Wenn man vom Austragungsort aus die Twerskaja-Straße herunterschaut, sieht man in der Ferne rote Gebäude... es ist natürlich der Rote Platz, das Herz der Stadt.
Man kann auch gerade noch das Hotel der Spieler erkennen, aber bevor wir dorthin gelangen, sehen wir das Ritz-Carlton, in dem Tal Memorial-Teilnehmer in der Vergangenheit untergebracht waren.
Im Jahr 2010 verfasste Ilya Odessky meine Lieblingsbeschreibung einer Schacheröffnungszeremonie, die ich für Chess in Translation übersetzt habe:
Was ich euch erzählen kann: natürlich ist es ein Wunderland. Natürlich ist es eine Parallelwelt. Im Allgemeinen ist Moskau bereits eine Parallelwelt für den Rest von Russland, aber insbesondere das Ritz-Carlton ist ein Würfel in einem Würfel, ein Ball in einem Ball. Ohne große Gefahr zu laufen mich zu irren, würde ich sagen, dass eine enorme Anzahl von Leuten ihr ganzes Leben in der Hauptstadt gelebt haben und nicht nur noch nie in dem Hotel waren, sondern nicht einmal die geringste Chance haben, dorthin zu gelangen.
Und wenn man dorthin gelangt - naja. Man schließt die Augen, streckt die Fingerspitzen aus, tastet sich die Treppe hoch und versucht sich in erblindetem Zustand so natürlich wie möglich zu benehmen. Einen Cocktail bestellen, daran schlürfen, einer eingermaßen lustigen Anekdote zuhören, mit den Mundwinkeln lächeln und eine eigene erzählen.
Ich erinnere mich an einen Klassiker: Professor Preobrashenski machte keinen Rückzieher und weigerte sich, den Forderungen des Hauskomitees nachzugeben; sie hatten die Entscheidung getroffen, "das Haus aufzufüllen", aber der Professor rief, dass er in diesem Fall Kaninchen im Badezimmer sezieren müsse. Also war er auch nie im Ritz-Carlton gewesen! Wenn man ihm die Chance gegeben hätte, in dem Badezimmer dieses Hotels Kaninchen zu sezieren, hätte er auf jeden Fall zumindest darüber nachgedacht und vielleicht zugestimmt.
Aber warum reden wir über Kaninchen. In so einem Badezimmer will man einfach eine Weile leben. Ich betrat das WC im zweiten Stock - und vergass nicht nur, warum ich hineingegangen war, sondern schämte mich sogar für meine Bedürfnisse. Alles um mich herum war Marmor und Gold und außergewöhnlich. Von irgendwo in der Nähe der Decke fingen Vögel an zu singen, während der Duft von Wiesengras von unten heraufschwebte. In so einer Umgebung kommt ein einfaches, natürliches Bedürfnis nicht in Betracht. Das wäre, als würde man in eine große Museumshalle gestoßen und dann streng gefragt werden: und? Wolltest du nicht deine Hose herunterziehen?
Anscheinend hat sich bis heute wenig verändert, aber die Spieler haben keinen Grund zur Beschwerde, denn wenn man die Straße weiter entlang und durch eine Unterführung geht (Moskauer Straßen an der Oberfläche zu überqueren ist nur etwas für Suizidgefährdete!), sieht man beim Herauskommen das riesige Four Seasons Hotel. Das billigste verfügbare Zimmer kostet dort immer noch 500$ die Nacht.
Das nächstgelegene rote Gebäude ist das Staatliche Historische Museum, das die recht beeindruckende Adresse "Roter Platz 1" hat. Natürlich müssen die Spieler nicht weit laufen, um viele der berühmtesten Gebäude und Plätze Russlands zu sehen:
Die Spieler haben aber natürlich andere Dinge im Kopf, da für viele das wichtigste Schachturnier ihres Lebens ansteht. Auf dem Spiel stehen ein Match mit Magnus Carlsen und sowohl das Geld als auch der potentielle Ruhm, die das mit sich bringt. Verpasst nicht unsere Berichterstattung hier bei chess24 mit Jan Gustafsson, Anna Rudolf, Pepe Cuenca, Loek van Wely und Robin van Kampen - nur auf Englisch.
Das ist aber nicht das einzige Schach-Event zur Zeit. Am selben Tag fuhr ich 30 Minuten mit der U-Bahn in einen Moskauer Vorort zum Aeroflot Open, das im Cosmos Hotel seinen Abschluss findet. Es wurde für die Olympischen Sommerspiele von 1980 gebaut und ist das größte Hotel Russlands mit 1777 Zimmern. Außerdem ist es so surreal, dass die riesige Statue von Charles de Gaulle davor nur ein müdes Schulterzucken hervorruft.
Im Inneren gibt es genug Läden, Restaurants und Veranstaltungsorte für eine kleine Stadt - und auch das berühmte Aeroflot Open Schachturnier, das in einem geräumigen und futuristischen Spielsaal abgehalten wird.
Setzlistenerster Boris Gelfand, der sein erstes offenes Turnier seit 1993 (!) spielt, kämpft mit harten Bandagen, während junge Stars wie Wei Yi, Vladislav Artemiev und David Anton in einem Turnier ohne schwache Spieler einige Probleme haben.
Der amtierende Europameister Evgeniy Najer führt mit 6/8 und einem Abstand von einem halben Punkt, aber Gelfand und sieben andere Spieler werden ihre Chance ergreifen, wenn er stolpert. Spielt die Partien nach und schaut euch die Action live hier auf chess24 an!
Wir respektieren Deine Privatsphäre und Datenschutzbestimmungen. Einige Komponenten erfordern das Speichern von personenbezogen Daten in Cookies oder dem lokalen Speicher.
Die Nutzung von chess24 erfordert die Verarbeitung und Speicherung von persönlichen Daten, die im folgen beschrieben werden. Du findest weitere Details unter Cookie-Richtlinie, Datenschutzrichtlinie, Impressum und Nutzungsbedingungen. Du kannst Deine Einstellungen jederzeit durch einen Klick auf Einwilligung Datenverarbeitung am unteren Rand der Seite ändern.
Kommentare 13
Sei der Erste, der kommentiert!