Hikaru Nakamura gelang es, den vollen Punkt, den Anand ihn nach den klassischen Partien voraus war, wieder aufzuholen! Dadurch erzwang er auf der Zielgeraden des Turniers zur allgemeinen Überraschung eine Armageddon-Partie gegen den Inder, die aber vorher nicht angekündigt worden war. Nach einem harten Kampf, den wir im Folgenden zusammenfassen, ist dies der zweite Turniersieg für den Nordamerikaner in Folge!
Der Amerikaner legte einen guten Start hin und gewann in einer äußerst geschlossenen Stellung mit den weißen Steinen gegen Fabiano Caruana.
Wenn Schwarz nichts tut, wie soll Weiß dann gewinnen? Er hat zwar die Kontrolle über die a-Linie, aber es war schwierig, sie tatsächlich auch auszunutzen. Caruana beschleunigte die Ereignisse mit dem Qualitätsopfer 31...Ta8? und vertraute vielleicht darauf, dass seine beiden Leichtfiguren die Stellung weiterhin geschlossen halten könnten. Später gelang es aber Nakamura, diese zu öffnen und die Kontrolle über die Partie eindeutig zu übernehmen, als er mit dem starken Bauernzug g5 seine Angriffsabsichten konkretisierte. So näherte er sich an Anand an, der gegen Kramnik mit Schwarz remis spielte.
Nakamura übte nach der Eröffnung mit Weiß Druck auf Kramnik aus, aber ein gescheiterter Angriffsversuch und das präzise Spiel des Russen wendeten das Blatt, sodass dieser den Vorteil auf seiner Seite hatte. In einer noch unklaren Stellung beging Hikaru einen schweren Fehler.
Der Amerikanischer hatte gerade mit dem Läufer auf b4 genommen, doch erst nach 45...Sxb4 merkte er, dass er nicht zurückschlagen konnte, da nach 46.Txb4 Te1 47.Txe1 Dxe1+ der b4-Turm fällt. Manchmal ist es schwierig, Züge zu sehen, die entgegen der allgemeinen Zugrichtgung der Figuren in einer Variante gehen! Währenddessen war Anand in der Eröffnung gegen Aronian mit Schwarz völlig verloren... Ich brauche euch nicht zu sagen, dass der ehemalige Weltmeister seine Waffen in schnellen Partien lieber nicht zur Schau stellt, und deshalb ab und zu solche Missgeschicke erleidet.
Vishy Anand besiegte einen völlig verwirrten Caruana in nur 22 Zügen und war wieder alleiniger Spitzenreiter. Obwohl die Partie technisch nicht von großem Interesse war, war sie dennoch ästhetisch. Schaut euch an, wie sehr die weiße Bauernstruktur die schwarze Stellung dominiert und wie elegant der Springer gefangen wird.
Kramnik wiederum gelang es, Aronians Läuferpaar mit seinem Springerpaar das Leben schwer zu machen und einen Punkt mitzunehmen. Großmeister Ilja Zaragatski wählte diese instruktive Partie aufgrund ihres Gehalt- und Ideenreichtums als Partie des Tages aus, was ihr nachstehend oder aber auch auf unserer Livevideo-Seite zu sehen bekommt!
Nakamura spielte in der Zwischenzeit Remis und lag damit einen Punkt hinter Anand und einen halben Punkt vor Kramnik.
Für den Nordamerikaner ging es um alles oder nichts, und diese Gelegenheit nutzte er. Anand kam gut aus der Eröffnung, aber Hikaru ließ den Kopf nicht hängen und begann mit einem unangenehmen Freibauern auf der c-Linie zu drücken. Wenig entstatt nach einigen Abtäuschen folgende Stellung auf dem Brett:
Mit der Dame gegen Turm und Läufer hat Nakamura einen theoretischen Materialvorteil, aber die schwarze Stellung ist sehr solide. Hikarus Technik war wunderbar, mit seiner Dame "ging er den schwarzen Figuren auf die Nerven" und brach im günstigen Moment durch. Ein verdienter Sieg, mit dem er sein Ziel erreichte, nämlich Anand im Gesamtranking einzuholen.
Kramnik konnte ein langes Endspiel gegen Karjakin nicht zusammenhalten und verpasste einige sich ihm zwischendruch unverhofft eröffnende Gelegenheiten, um auf die beiden Führenden aufzuschließen.
Die Organisatoren ließen sich vielleicht vom Geist von GRENKE inspirieren, wo wir ein emotionales Schnellschach-Tiebreak erlebten, und beschlossen vor der fünften Runde, dass es bei einem Punktegleichstand an der Spitze noch Schnellschachpartien geben würde. Diese Maßnahme wurde von den Spielern gut aufgenommen, ist aber sehr seltsam und nicht sehr professionell angesichts des Levels, von denen wir hier sprechen. Wie auch immer, Nakamura spielte mit Schwarz solide gegen Aronian und einigte sich bald auf Remis, während Anand mit Weiß versuchte, Druck auszuüben, sich dann aber doch den Punkt mit Karjakin teilte. Also sah das Ranking in der Gesamtwertung folgendermaßen aus (die Schnellschachpartien zählten in der Kombinationswertung halb so viel wie die klassischen):
Überraschend kam dann zunächst die Ankündigung eines Blitzschach-Stichkampfs, die dann aber nach vermeintlichen Protesten Anands zu einer einzigen Armageddon-Partie geändert wurde, in der Viswanathan Anand die weißen Steine hatte. Die Partie war zum Leidwesen der Zuschauer nicht auf der Höhe. Anand bewahrte sein Hauptrepertoire wieder für klassische Partien auf und nach kaum 15 Zügen konnte man sagen, dass er auf Verlust stand war. Die Haltung des Inders ist jedoch verständlich: er arbeitet sehr hart an seinen Eröffnungen und weiß, dass sie in klassischen Partien einfach mehr wert sind. Nakamura ließ seinem Rivalen keine Chance und gewann die Partie, obwohl ihm nach der Armageddon-Regelung (Schwarz hat nur vier Minuten auf der Uhr, Weiß hingegen 5) auch ein Remis zum Turniersieg gelangt hätte. Damit ist er der Gesamtsieger des Zürich Chess Challenge, während Anand sich wenigstens den Sieg im klassischen Turnier auf die Fahne schreiben kann.
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