Alireza Firouzja "drohte" kürzlich damit, im Alter von 16 Jahren das Tata Steel Masters zu gewinnen. Obwohl er auf eine Mauer von Carlsen, Caruana und Anand traf, beginnt er den Februar immer noch mit einer außerordentlichen Elo von 2726 Punkten. Er ist eindeutig einer der besten 16-jährigen Schachspieler aller Zeiten, aber in diesem neuen zweiteiligen Artikel blickt der französische FM Joachim Iglesias auf die anderen Kandidaten für diesen Titel. In Teil 1 schaut er chronologisch auf Spieler von Mikhail Botvinnik bis Bobby Fischer, Garry Kasparov, Vladimir Kramnik und Judit Polgar.
von Joachim Iglesias
In diesem zweiteiligen Artikel werfen wir einen Blick auf die sechzehn besten 16-jährigen Spieler in der Geschichte des Schachs. Von Mikhail Botvinnik bis hin zu Alireza Firouzja wirst du sehen, dass selbst wenn "niemand mit 17 Jahren ernsthaft" (Rimbaud) ist, wenn mit 16 Jahren im Schach ziemlich weit sein kann!
Wie bei jeder Auswahl gibt es natürlich ein Element der Subjektivität.
Unter den nicht berücksichtigten Spielern sind Wunderkinder aus einer Zeit, in der es nur wenige Turniere gab und sie ihre ersten großen Erfolge erst in ihren Zwanzigern erlebten.
Und nun schauen wir uns die sechzehn besten 16-Jährigen der Schachgeschichte an, in chronologischer Reihenfolge:
Mischa erlernte im Alter von 12 Jahren das Schach. Der Mann, der zum Patriarchen des sowjetischen Schachs werden sollte, war bereits mit 14 Jahren in aller Munde, als er den Weltmeister Jose-Raul Capablanca in einem Simultanwettkampf besiegte. Zwei Jahre später, 1927, belegte Botvinnik den 5. Platz im stärksten nationalen Wettbewerb der Welt, der UdSSR-Meisterschaft. Er gewann eine Miniatur mit Schwarz gegen den Theoriehai Vladimir Makogonov:
Der junge Mischa konzentrierte seine Figuren am Königsflügel und übte maximalen Druck auf die weiße Stellung aus, Woran dieser auch zerbrach: 23.g4?? fxg4! 24.Dxe4 und hier nicht 24...gxf3 25.Dxf3, was die Partie verlängern würde, sondern 24...gxh3! und Weiß gab auf, da 25.Lh1 h2+ 26.Kg2 Dh3# Matt ist.
Mikhail sollte im Alter von 18 Jahren erneut den 5. Platz bei der UdSSR-Meisterschaft erreichen, bevor er sie als 20-Jähriger gewann. Von 1948 bis 1957, 1958 bis 1960 und 1961 bis 1963 war er Weltmeister.
Boris Vasilievich Spasski wurde sehr früh vom sowjetischen Schachverband entdeckt, der ihm ab dem Alter von 11 Jahren ein monatliches Stipendium gewährte und ihm 1953 sein erstes großes Turnier im Ausland ermöglichte.
Der junge Borja feierte seinen 16. Geburtstag während eines Turniers in Bukarest, bei dem er hinter Alexander Tolusch (Spasskys Trainer) und den zukünftigen Weltmeistern Tigran Petrosian und Vasily Smyslov den 4. Platz bei 20 Spielern belegte und mit den GMs Laszlo Szabo und Isaac Boleslavsky gleichauf lag. Diese Leistung machte Spassky zum Internationalen Meister, ein Titel, der damals viel schwieriger zu erreichen war als heute der GM-Titel.
Das Tüpfelchen auf dem i war, dass Boris den Schönheitspreis des Turniers dank seines großartigen Sieges über Smyslov, der vier Jahre später Weltmeister werden sollte, gewann:
33.Sxg7! Die Hauptidee ist 33...Kxg7 34.Tg3+ Kf8 35.Txf7+!! mit Matt in zwei Zügen. Der Spieler, der einige Monate später das berühmte Zürcher Kandidatenturnier gewinnen sollte, versuchte 33...Txd6, gab aber nach 34.Sxe6 auf, da nach 34...Txd2 35.Tg3+ das Matt im nächsten Zug nicht zu verhindern ist.
Spassky nahm Petrosian 1955 im Alter von 18 Jahren den Titel als als jüngster Großmeister der Geschichte ab. Petrosian war mit 23 Jahren Großmeister geworden. Boris Spassky war von 1969 bis 1972 Weltmeister.
Robert James Fischer war erst 13 Jahre alt, als er Die Partie des Jahrhunderts gegen Donald Byrne gewann. Mit 14 Jahren wurde er 1957 zum ersten Mal US-Meister.
Im Jahr 1958, im Alter von 15 Jahren, wurde Bobby der jüngste Großmeister aller Zeiten und schlug Spasskys Rekord um drei Jahre. Wir sind so daran gewöhnt, heute 13 oder 14 Jahre alte Großmeister zu sehen, dass es schwer zu erkennen ist, worum es zu dieser Zeit ging. Man sollte jedoch wissen, dass Spasskys Rekord ohne Fischer 25 Jahre lang gehalten hätte - und zwar bis 1980, als Garry Kasparov im Alter von 17 Jahren Großmeister wurde! Und Fischers Rekord wurde erst 33 Jahre später (1991) geschlagen, als Judit Polgar einen Monat schneller als Fischer Großmeisterin wurde.
1959 nahm Bobby Fischer am Bled-Zagreb-Kandidatenturnier teil. Mikhail Tal gewann dieses Turnier mit 8 Spielern (28 Runden!) und erhielt damit das Recht, gegen Mikhail Botvinnik anzutreten. Der 16-jährige Bobby erreichte zusammen mit Svetozar Gligoric den 5. Platz, vor Fridrik Olafsson und Pal Benko. In der ersten Runde schlug er Paul Keres, der auf Platz 2 landete.
Keres war der Favorit auf den Sieg im Kandidatenturnier und der große Theoretiker opferte seine Dame mit 11.Lxf6!? Sxf6 12.e5! Lb7 13.exf6! – der einzige Zug, der die beiden vorherigen rechtfertigen konnte - 13...Lxf3 14.Lxf3 Lxf6 15.Lxa8
Trotz der Minusdame hat Weiß derzeit materiellen Vorteil, aber Bobby sperrt nun den Läufer auf a8 ein mit 15…d5!?, was zur folgenden Abwicklung einlädt: 16.Lxd5 Lxd4 17.Txd4 exd5 18.Sxd5 Dc5 19.Te1+ Kf8 20.c3
Die Stellung ist ungefähr ausgeglichen, aber der junge Bobby dominierte von hier an das Geschehen und gewann dank eines hübschen Epaulettenmatts:
Statt aufzugeben spielte Keres hier 53.Tc4 und erlaubte 53…De5# – Matt auf dem Brett!
Fischer war Weltmeistesr von 1972 bis 1975.
Alexander Nikitin, Garrys erster Trainer, brachte ihn in die berühmte Botvinnik-Schule, als der zukünftige Star erst 10 Jahre alt war. Zusätzlich zu Nikitins Trainertätigkeit konnte Garry die Lektionen des ehemaligen Weltmeisters sowie die von Mark Dvoretsky nutzen.
Dank des Coachings durch die beste Schachschule der Welt konnte Garry im Alter von nur 16 Jahren sein erstes großes internationales Turnier außerhalb der UdSSR spielen. Von den 16 Spielern in Banja Luka im Jahr 1979 waren alle Großmeister, mit Ausnahme von Kasparov und einem weiteren 1953 geborenen Talent, Guillermo Garcia, der später Großmeister wurde. Unter den großen Namen finden wir den ehemaligen Weltmeister Tigran Petrosian und Spieler wie Ulf Andersson, Jan Smejkal, Walter Browne...
Garry gewann das Turnier ungeschlagen mit 11,5/15, zwei Punkte vor dem zweiten Platz!
Kasparov hatte zwar noch nicht die "tausend Augen", die der englische GM Tony Miles ihm andichtete, aber er war bereits ein "Monster" in taktischen Positionen. Hier ist das Ende seiner Partie gegen GM Slavoljub Marjanovic:
Schwarz rechnete mit 26.exf6 Dc6, und selbst wenn Weiß Vorteil besitzt, ist noch nichts entschieden. Kasparov spielte stattdessen mit Kraft und Präzision: 26.Dxh5! Dc6 27.f3 Le7 28.Lh7+! Kf8 29.Df5+ Ke8 30.Lg6+ Kd8 31.Td1+
Falls 31...Kc7, dann ist 32.e6+! entscheidend. Der Großmeister gab stattdessen seine Dame auf mit 31...Dd5 und war kurz danach das Handtuch.
Dank diesem Turnier bekam Garry seine erste Elo von 2595, was in der Januarliste der FIDE im Jahr 1980 Platz 15 in der Welt bedeutete. Garry Kasparov war Weltmeister von 1985 bis 2000 und für 21 Jahre die Nummer 1 der Welt.
Joël überraschte die Schachwelt mit dem Gewinn der Junioren-Weltmeisterschaft (unter 20 Jahren), als er erst 15 Jahre alt war! Der Franzose kam vor Vassily Ivanchuk (19 Jahre), Boris Gelfand (20) und Gregor Serper (19) ins Ziel, und 32 Jahre später steht dieser Rekord immer noch. Joël wurde 1990 Großmeister (heute wäre er Großmeister für den Gewinn der Weltmeisterschaft der Junioren geworden), und im Juli desselben Jahres, im Alter von 17 Jahren, war er bereits die Nr. 54 in der Welt mit einer Elo von 2570.
Joël war erst 15 Jahre alt, als er den sehr starken englischen Großmeister John Nunn in großem Stil besiegte.
In dieser typischen königsindischen Stellung waren die am häufigsten gespielten Züge 13.c5, 13.Tc1 und 13.b4, wonach Weiß mit voller Kraft am Damenflügel angreift, während Schwarz versucht, am Königsflügel schneller zu sein. Nachdem Lautier bis hierhin der Theorie folgte, spielte er nun einen Zug, der beinahe eine Neuerung war und zu einer der Hauptvarianten werden sollte - 13.g4!, mit dem Ziel, die Initiative des Schwarzen zu verlangsamen.
Wenige Züge später war die Blockade perfekt - oder doch etwa nicht?
Schwarz kann nicht wirklich warten: Wenn Weiß noch einen prophylaktischen Zug wie Kh2 spielen darf, hat er am Damenflügel freie Hand. Der Engländer opferte mit 18...Sxg5, aber Lautier reagierte nicht mit den naiven 19.hxg5?, woraufhin Schwarz 19...Sxd5! mit großen Komplikationen entkorkt hätte. Aber nach 19.Kh2! und 19...Nh7 20.Kxh3 hatte Schwarz gegen den furchtlosen weißen König nicht genug Kompensation.
Das Ende war ästhetisch ansprechend:
In Zeitnot wäre 39.Txf7?? ein schrecklicher Fehler gewesen, da Schwarz ein Dauerschach auf der zweiten Reihe hat! Joël wählte stattdessen den effizientesten und schönsten Sieg: 39.Dg1!! Wenn Schwarz die Dame mit Schach schlägt (39...Txg1+), muss er sie beim nächsten Zug mit Schach zurückgeben und ein verlorenes Endspiel abwickeln. Nunn spielte 39...Lf2, aber nach 40.Txf7 Txg1+ 41.Kh2 steht Schwarz auf Verlust, weil ihm die Schachs ausgehen.
Joël Lautier erreichte 1995 die Weltranglistenposition 13 und erreichte 2002 seine höchste Elo von 2687. Im Jahr 2005 gab er das Schachspiel auf, da er keine Chance mehr sah, das Ziel zu erreichen, das er sich gesetzt hatte: Weltmeister zu werden.
Gata hat nicht bis zum Geschwätzblitz-Cup gewartet, um eine berühmte F*cking-Legende zu werden. Auf der Eloliste vom Juli 1990 war Gata im Alter von 16 Jahren und einem Monat bereits die Nummer 8 der Welt. Es war daher keine Überraschung, als er 1990 das Superturnier von Tilburg gewann und mit Vassily Ivanchuk vor Boris Gelfand, Nigel Short, Jan Timman, Ulf Andersson, Predrag Nikolic und Yasser Seirawan auf dem ersten Platz landete.
Im folgenden Jahr gab er niemand anderem als Anatoli Karpow eine echte Lektion in Sachen positionellem Schach:
Die Stellung nach 12.Kxd2 sollte perfekt für den ehemaligen Weltmeister und seinen Stil geeignet sein. Zumal er gegen ein Kind spielt. Da sollte es ein Spiel auf zwei Ergebnisse sein - oder?
Karpow spielte hier das unpräzise 19.Lc3? und Kamsky bestrafte ihn brillant mit 19...Sa7!, was ...La4 droht. Nach 20.Ld2 wiederholte Gata keine Züge mehr, sondern spielte 20...Sb5! und provozierte die Schwächung 21.e5. Die folgenden Züge von Schwarz hätten Nimzowitsch und Petrosian erfreut: Gata spielte weiter ...Lc6, ...Sa7, ...Ld5 und ...Sc6 und es entstand eine perfekte Blockade auf den weißen Feldern.
Im 48. Zug opferte Gata einen Bauern, um sich einen Freibauern zu verschaffen:
48...g5!! 49.hxg5 h4+ und Schwarz war trotz Minusbauern in der Vorhand.
Am Ende ging es à la Capablanca mit einer kleinen Kombination zu:
56...Tg2+ 57.Kf1 Txe2! 58.Kxe2 Lc4 59.d5!? exd5 60.Kd2 Lxd3 61.Kxd3 d4! mit leicht gewonnenem Endspiel.
1996 nahm Karporv Rache und schlug Kamsky im FIDE-WM-Match. Bis 2004 spielte Kamsky danach kein Schach mehr, aber sollte trotzdem den World Cup 2007 gewinnen.
Kramnik gewann das Dortmund Open (nicht das geschlossene GM-Turnier) 1992. Garry Kasparov sagte in einem Interview für New in Chess:
Der talentierteste aller Spieler, die ich hier gesehen habe, ist Vladimir Kramnik. Was sein Talent betrifft, ist er definitiv die Nummer 1. Ich habe das noch nie gesagt, aber ich glaube, er ist der Einzige, der im gleichen Alter so gut spielt wie ich. Ich habe immer über das Talent von Judit Polgar gelächelt und über Gata Kamsky gelacht, und ich glaube nicht an die anderen Spielern der Dortmunder Festspiele. Aber der 16-jährige Kramnik spielt schon jetzt meisterhaftes Schach. Er ist ein echtes Schachtalent. Es gibt viele Spieler, aber sie spielen kein Schach, sie bewegen die Figuren. Kramnik hingegen spielt Schach (zitiert und übersetzt aus dem Buch "Kramnik, My Life and Games").
Kramnik hat bei der Olympiade in Manila im Juni 1992 echte Schachgeschichte geschrieben. Den ersten Sieg seit dem Zusammenbruch der UdSSR verdankte Russland zu einem großen Teil dem jungen Vladimir, der mit 8,5/9 und einer Leistung von 2958 das beste Ergebnis des Turniers erzielte. Der Wettbewerb endete am Tag von Vovas 17. Geburtstag.
Während dieser Olympiade setzte er seinen Vorteil in einem Endspiel gegen den starken GM Yasser Seirawan leicht um:
Mit Schwarz spielte Kramnik hier 27...Kf8! weil der Abtausch der Springer sofort Remis bedeuten würde. Zum Beispiel 28.Sxc5 Txc5 29.Td6 Ta5!. Seirawan spielte 28.Rd6 und Kramnik antwortete präzise mit 28...Se4! 29.Txa6 Txc4 30.Kf1 Tc2! mit klarem Vorteil. Weiß verblieb bis zum Schluss kaum Hoffnung:
59...f4! 60.Ta1 g2! 61. Kf2 Kh2 und Weiß gab auf.
Vladimir Kramnik war Weltmeister von 2000 bis 2007.
Bekannt als die Königin des Schachs und die beste Spielerin aller Zeiten, konnte Judit Polgar lange Zeit - und sogar noch heute - behaupten, das größte "Talent" in der Geschichte des Schachs zu sein! (selbst wenn sie das Wort "Talent" kritisieren würde). Am 1. Januar 1989 war sie mit 12,5 Jahren auf Platz 57 der Welt mit einer Elo von 2555, ein Rekord, der wahrscheinlich nie gebrochen werden wird. Im Jahr 1991 entthronte sie schließlich Bobby Fischer als jüngsten Großmeister aller Zeiten, 33 Jahre nach diesem Rekord! Judit war 15 Jahre und 4 Monate alt.
Mit 16 Jahren gewann sie gemeinsam mit Evgeny Bareev und vor den starken Großmeistern Jon Speelman, Matthew Sadler, John Nunn, Mikhail Gurevich und Lev Polugaevsky das Hastings-Superturnier.
Und auf folgende Art und Weise besiegte sie 1990, als sie erst 14 Jahre alt war, den sehr starken Großmeister Alexander Tschernin:
22...Txg2+! 23.Txg2 Lxh3 24.Se4 Se5!! Das war die Idee und der einzige Zug, der nicht verliert! 25.Sxe5 Lxe5 und Weiß steht hoffnungslos auf Verlust.
Chernin fand nichts Besseres als 26.Sg5, doch nach 26...Lxg2+ 27.Kxg2 Dxg5+ gewinnt Schwarz entscheidend Material. Weiß gab zwei Züge später auf.
Judit Polgar wurde zu ihrer besten Zeit als Nr. 8 der Welt geführt. Ihre höchste Elozahl beträgt 2735.
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